Der Wink mit dem Leitpfosten

Es gab ja mal Zeiten, da war die Leverkusener Rheinbrücke zwar schon kaputt aber es gab noch keine Blitzer die Geld in die rechts- und linksrheinischen Stadtkassen spülten. Damals in der guten alten Zeit konnte (nicht durfte) man ohne allzu großes Risiko mit mehr als den schon damals nur erlaubten 60 km/h über die Rheinbrücke düsen.

Um damals erwischt zu werden bedurfte es schon einer „Messung durch Hinterherfahren“. Das Polizeifahrzeug fährt dann mit gleichbleibendem Abstand hinter dem „Raser“ her und der Polizist schaut selber auf den Tacho. Anspruchsvoll werden solche „Messungen durch Hinterherfahren“ dann, wenn äußere Umstände wie z.B. Dunkelheit, oder einscherende Fahrzeuge das Beibehalten des gleichbleibenden Abstands zwischen „Raser“und Messfahrzeug erschweren.

Aus diesem Grund lernen Polizeibeamte auch, wie man den entsprechenden Einwand des Verteidigers pariert: „Der Abstand blieb auf der gesamten Hinterherfahrt gleich, das haben mein Kollege und ich anhand der Leitpfosten die ganze Zeit im Blick gehabt!“

Doof ist es nur, wenn auswendig Gelerntes nicht zur Realität passt, und damit sind wir wieder bei der Leverkusener Autobahnbrücke: Der „Raser“ soll zu nachtschlafender Zeit zu schnell über die Rheinbrücke gedonnert sein. Das Messfahrzeug der Polizei donnert hinterher. Auf meine Frage als Verteidiger des „Rasers“, wie denn kontrolliert wurde, ob der Abstand während der Messung gleich geblieben ist, antwortet die junge Polizistin wie aus der Pistole geschossen: „Der Abstand blieb auf der gesamten Hinterherfahrt gleich, das haben mein Kollege und ich anhand der Leitpfosten die ganze Zeit im Blick gehabt!“ Ich stelle noch ungefähr fünf bis zehn ganz schlaue Verteidigerfragen zu den Leitpfosten aber die Polizistin ist nicht zu knacken. Beim Thema Leitpfosten kennt sie sich aus! Ganz am Schluss habe ich dann doch noch eine letzte Frage: „Wie kommt es eigentlich, dass Sie den Abstand die ganze Zeit anhand der Leitpfosten überprüfen konnten, obwohl es auf der Rheinbrücke überhaupt keine Leitpfosten gibt?“ Stille im Gerichtssaal. Die Polizistin: „Natürlich gibt es da Leitpfosten!“.

Dank den Segnungen von google-earth und Menschen mit Smartphones präsentiere ich nun diverse Fotografien aus verschieden Zeiträumen der Leverkusener Rheinbrücke und siehe da: Keine Leitpfosten! Die Polizistin: „In der Nacht waren da Leitpfosten!“ Das Gericht hat ein Einsehen und regt an einfach mal bei der Straßenverkehrsbehörde nachzufragen.

Ein paar Wochen später landet die Gerichtsakte wieder auf meinem Schreibtisch. Tatsächlich hat der Richter die Akte nach dem letzten Termin zur Klärung der Leitpfostenfrage versandt. Zuerst landet die Akte aber komischer Weise wieder bei meiner Lieblingspolizistin! Und was macht die? Einen Vermerk mit Fotos der Autobahn vor der Brücke (mit Leitpfosten) und nach der Brücke (mit Leitpfosten) und dem Hinweis, dass da Leitpfosten stehen. Fotos von der Brücke selbst (ohne Leitpfosten) gibt es nicht. Auch keinen Hinweis, dass auf der Brücke keine Leitpfosten stehen (obwohl meine Lieblingspolizistin da für die Fotos lang gefahren sein muss). Dann wird die Akte doch noch an die Straßenverkehrsbehörde geschickt, die kurz und knapp mitteilt, dass es auf der Autobahnbrücke keine Leitpfosten gibt. Ich überlege jetzt noch, ob ich aus dem Bußgeldverfahren gegen meinen Mandanten nicht vielleicht ein Strafverfahren gegen die Polizistin machen soll.

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