So mag er jetzt sprechen, oder für immer schweigen

Mein Mandant hat Post bekommen. Post von der Bundespolizei. Sie lädt ihn ein doch mal vorbeizukommen und zu erklären warum er angeblich Leute haut. Mein Mandant will aber nicht zur Polizei. Und die Polizei will ihn eigentlich auch nicht einladen, viel lieber will sie ihn vorladen und überschreibt deshalb die Einladung mit dem Wort „Vorladung“. Vorladung klingt ja auch viel zackiger! Da nimmt der brave Bürger doch innerlich direkt Haltung an!

Aber auch wenn die Polizei dauernd vorlädt, in Wahrheit lädt sie nur ein. Denn auch wenn jedes dieser Schriftstücke mit dem bedrohlich dräuenden Wort „Vorladung“ in Fettdruck versehen ist, handelt es sich doch tatsächlich um nichts anderes als eine höfliche Bitte doch mal vorbei zu kommen. Erscheinen (nicht reden) muss man als Verdächtiger nur, wenn der Staatsanwalt oder der Richter im Ermittlungsverfahren „einlädt“. Das finden viele Polizisten doof. Trotz Uniform darf man nur einladen! Und dann noch diese ganzen lästigen Rechte die so ein Verdächtiger hat! Da muss der Polizist den Verdächtigen auch noch drauf hinweisen! Steht sogar im Gesetz! Obwohl er nur einladen darf! Gemein! Wie soll Polizeiarbeit denn da noch funktionieren?

Aber der pfiffige Polizist weiß sich zu helfen: Der Hinweis auf die Rechte des von der Polizei Vorgeladenen findet sich normalerweise, damit der Bürger ihn möglichst nicht zur Kenntnis nimmt, in kleinzeiligem Fettdruck im Fließtext des Anschreibens oder des Protokolls und verwendet möglichst unverständliches Juristendeutsch. Die Bundespolizei geht jetzt noch einen Schritt weiter. Die „Vorladung“ an meinen Mandanten enthält den freundlichen Hinweis:

„Ich muss Sie darauf aufmerksam machen, dass, wenn sie zu dem Termin nicht erscheinen nach geltender Rechtslage unterstellt werden kann, dass Sie von Ihrem Recht zur Beschuldigung Stellung zu nehmen keinen Gebrauch machen wollen. Diese Entscheidung steht Ihnen frei“

Schon die Umkehr des Schweigerechts in ein „Recht zur Beschuldigung Stellung nehmen zu dürfen“ist gelinde gesagt eine rechtsstaatliche Perversion. Aber es wird noch besser:

„Sie sollten jedoch berücksichtigen, dass Ihnen vor Abschluss der Ermittlungen nicht nochmals Gelegenheit zur Äußerung gegeben werden muss, auch nicht durch den Staatsanwalt oder den Richter.“

Sprich jetzt, oder schweige für immer! Was entfernt an Trauungsformeln aus Hollywoodfilmen erinnert ist tatsächlich eine dreiste Schmutzelei der Bundespolizei. Beim Bürger wird der Eindruck erweckt, er müsse jetzt sofort mit der Polizei reden. Später braucht ihm angeblich weder Staatsanwalt noch Richter zuzuhören, egal was er zu seiner Verteidigung vorzubringen hat. Das ist natürlich vollkommener Blödsinn! Als Verdächtiger kann ich frei darüber entscheiden, ob, wann oder was ich zum Tatvorwurf sage. Es gibt hierfür weder Fristen noch darf sich ein Polizist, Staatsanwalt oder Richter die Ohren zuhalten, wenn ein Verdächtiger etwas zu sagen hat.

Trickser und Täuscher sollten im Strafverfahren eigentlich diejenigen sein, die vernommen werden, nicht diejenigen, die vernehmen.

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