Unselige Hinterlassenschaften

Juristen hängen am Althergebrachten. Das ist zuweilen sinnvoll, zuweilen skurril und zuweilen ignorant. Zu letzterer Kategorie gehört die gelangweilte Bräsigkeit, mit der die juristische Welt noch heute schulterzuckend auf die bei ihr bestehenden Reste von nationalsozialistischen Einflüssen auf Gesetze und Personalien in der wissenschaftlichen Literatur schaut. Hierzu zwei Beispiele.

Der Mordparagraph unseres Strafgesetzbuches, mithin diejenige Vorschrift, welche die höchste Strafe regelt, die der deutsche Rechtsstaat verhängen kann stammt noch heute aus der Feder des schrecklichsten Juristen der je eine Robe in Deutschland getragen hat: Roland Freisler, Präsident des Volksgerichtshofs unter den Nationalsozialisten. Ein „Richter“ welcher neben tausenden anderen die Verschwörer vom 20. Juli im Gerichtssaal zusammenschrie und zum Tode verurteilte. Während viele andere nationalsozialistische Gesetzgebungen nach dem Krieg revidiert wurden, steht der Mordparagraph noch heute in der Fassung dieses schrecklichen Juristen in unserem Strafgesetzbuch. Dass die Vorschrift bis heute nicht geändert wurde ist auch deshalb unverständlich, weil sie von ihrer juristischen Dogmatik her ein Fremdkörper im Strafgesetzbuch ist. Alle übrigen Strafvorschriften begründen die in ihnen geregelte Bestrafung des Täters mit dessen Tat, und damit mit einem konkreten Handeln des Täters (Wer sich in einer bestimmten Art verhält wird bestraft). Nur der Mordparagraph knüpft, wie dies nach nationalsozialistischer Strafrechtstheorie üblich war an die Motivation und den persönlichen „Unwert“ des Täters an („Mörder ist, wer…“). Aus Schleswig-Holstein kommt nun die Bundesratsinitiative den „Mordparagraphen“ grundsätzlich zu reformieren und von seinem nationalsozialistischen Erbe zu befreien. Hoffentlich ist ihr Erfolg beschieden!

Vielleicht kommt dann der in Deutschland für juristische Literatur führende C.H.Beck-Verlag auch endlich auf die Idee den meistverbreiteten Kommentar im Zivilrecht umzubenennen. Jedem Jura-Erstsemester ist „der Palandt“, ein Kommentar zum BGB, ein Begriff. Jeder im Zivilrecht Tätige nimmtdiesen grauen Wälzer mehrfach pro Woche in die Hand. Dass der erste Herausgeber Otto Palandt, dessen Namen der Kommentar leider bis heute trägt ein führender Jurist im Nationalsozialismus, und überzeugter Nazi war, wissen dagegen die meisten Juristen nicht. Auch nicht, dass dieser Kommentar auf Anordnung der nationalsozialistischen Führung gefertigt wurde, da sich zuvor gerade auch jüdische Juristen als Kommentatoren des BGB betätigt hatten. Wissenschaftlich gearbeitet hat Otto Palandt an dem Kommentar, der seinen Namen bis heute trägt übrigens nie. Außer einem unerträglichen Vorwort zur ersten Auflage 1939 hat er keine Zeile verfasst. Seinen Namen sollte der Kommentar auf Geheiß der Nazis seinerzeit tragen, um Jurastudenten und Rechtsreferendare zum Kauf zu bewegen. Bei seinem ersten Erscheinen war Otto Palandt, Präsident des Reichsjustizprüfungsamtes und damit für die Ausbildung und Prüfung angehender Juristen in der Nazizeit zuständig.

Diese braunen Reste endlich zu entfernen wäre doch einmal ein guter Vorsatz für die Zukunft!

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