Zombies im Kleingedruckten

Allgemeine Geschäftsbedingungen, oder „AGB“ wie der Jurist sie nennt, werden vom Bürger landläufig gerne als das „Kleingedruckte“ bezeichnet. In meist schrecklichem Juristendeutsch stehen dort Regelungen mit denen sich der Verfasser des Kleingedruckten im Streitfall absichern, oder eine bessere rechtliche Ausgangslage verschaffen will.

Besonders lang, unübersichtlich und enervierend zu lesen sind meistens die Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die Internethändler ins Netz stellen, und die der Kunde akzeptieren muss, wenn er denn an den Segnungen des Online-Handels teilhaben will. Das hat meistens einen recht einfachen Grund: Damit Allgemeine Geschäftsbedingungen bei einem Vertrag überhaupt wirksam werden können, muss sie derjenige, der sie verwenden will, dem anderen Vertragspartner bekannt machen, oder zumindest die Möglichkeit zur unproblematischen Kenntnisnahme bieten. Im „analogen“ Geschäftsverkehr geschieht dies meistens durch Abdruck auf der Rückseite des Briefpapiers des Geschäftspartners, oder Aushang im Ladenlokal. Bei einer solchen Verwendung ist der Platz natürlich begrenzt. 50 Seiten und mehr Allgemeine Geschäftsbedingungen, wie sie im Online Handel nicht unüblich sind, scheiden da schon aus Platzgründen aus. Ich behaupte einmal, dass kein Leser dieser Kolumne die allgemeinen Geschäftsbedingungen, die einem bei solchen Online-Käufen um die Ohren gehauen werden auch tatsächlich liest. Wie schade!

Den Verfassern der seitenlangen Allgemeinen Geschäftsbedingungen für die „Web-Services“ des nicht ganz kleinen Versandhauses „Amazon“ waren die ewig gleichen Haftungsbeschränkungen und sonstigen Regelungen offensichtlich zu langweilig. Anders ist es nicht erklärbar, dass sie im Unterpunkt 57.10 im Hinblick auf die Verwendung des dort geregelten „Lumberyard-Software-Programms“ ernsthaft und im besten Juristendeutsch dessen Verwendung in einem ganz speziellen Fall regeln. Nach der Regelung, wonach das Programm unter anderem nicht zur Steuerung von nuklearen Anlagen und bemannten Raumfahrzeugen verwendet werden darf, stellt der nächste Satz im Kleingedruckten dann aber klar:

„Diese Beschränkung ist jedoch nicht anwendbar im Falle des Auftretens einer weit verbreiteten Virusinfektion (entsprechend der Festlegung des United States Centers for Disease Control oder Nachfolgeorganisationen), die durch Bisse oder Stiche oder durch den Kontakt mit Körperflüssigkeiten übertragen wird, die die Wiederbelebung von Leichen zur Folge hat, die dann versuchen, lebendiges menschliches Fleisch, Blut, Hirn- oder Nervengewebe zu verzehren, und die voraussichtlich zum Untergang der entwickelten Zivilisation führen wird.“

Dem Popkultur-Kundigen erschließt sich natürlich direkt, was hier geregelt wird: Die Zombie-Apokalypse! Vor welchen Gerichten sich Amazon im Falle des Niedergangs der entwickelten Zivilisation auf die Regelungen im Unterpunkt 57.10 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen berufen will erschließt sich mir allerdings noch nicht so richtig. Witzig ist dieser kleine Nerd-Ausflug der Verfasser der AGB aber auf jeden Fall. Ob die im Falle einer Zombie-Apokalypse ausnahmsweise gestattete Verwendung der Amazon-Software zum Betrieb von nuklearen Anlagen und bemannten Raumfahrzeugen die Menschheit vor dem Untergang der entwickelten Zivilisation bewahrt, bleibt aber abzuwarten. Im Ernstfall weiß ich aber jetzt wenigstens Bescheid.

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